Jens: Nach meiner erfolgreichen Genesung in Belize haben wir uns auf den kurzen Weg nach Guatemala gemacht. Wir hatten schon viel von diesem Land gehört, dass zwar zu einem der gefährlicheren Ländern Mittelamerikas gehört, aber dennoch einen einzigartigen Charme haben soll.
Neben der wunderschönen Bergwelt haben wir auch den touristischen Hotspot Tikal besucht. Doch diesmal haben wir auch die sonst von uns so verhasste Großstadt des Landes, in diesem Fall Guatemala City, besucht und waren überrascht....
Doch noch bevor wir die Grenze zu Guatemala erreichten, machten wir Bekanntschaft mit der belizianischen Polizei. Nur drei Kilometer vor der Grenze wurden wir in einer Kontrolle nach unserer Versicherung gefragt. Na gut - zumindest auf den letzten Metern hat sich nun der Abschluss dieser Versicherung gelohnt und die Kontrolle verlief sehr freundlich. Der Polizist verabschiedete uns noch mit den Worten „Take care!“ – na was denkt der den von seinem Nachbarn...?
Die Ausreise aus Belize war Kinderkram – super schnell, freundlich und einfach. Die Einreise nach Guatemala war im Grunde genau so – nur super schnell war sie nicht! Mit der Desinfektion der Motorräder fing es an – für umgerechnet 1,10 Euro noch ein Schnäppchen. Die persönliche Einreise war auch einfach und schnell erledigt, aber die Mopeds zu importieren... das dauert!
Der nette Zollbeamte hat nun wirklich nicht getrödelt, aber der bürokratische Akt war gewaltig. Zig Formulare ausfüllen, die Fahrgestellnummer am Fahrzeug checken, Kati musste dann noch los laufen um nebenan Kopien im Copy-Shop zu machen zweimal an der Kasse anstehen.... Naja wie gesagt freundlich und einfach – nur es hat halt gedauert.
Gerade als aller Papierkram erledigt war, fing es an wie aus Eimern zu Schütten! Also dachten wir uns – wir warten mal ab...
Erstaunlich wie viele Geldwechsler dann auf einmal vor dem Regen Schutz unter dem Vordach des Grenzposten suchten – das scheint hier ein beliebter Job zu sein.
Wir kamen mit dem ein oder anderen ins Gespräch und versuchten mit den guatemaltekischen Vorurteilen über Deutschland auf zu Räumen: NEIN in Deutschland ist es nicht immer kalt, und NEIN in Deutschland fährt nicht jeder einen Mercedes und nochmals NEIN auf Hitler sind wir nicht stolz und Nazis sind wir auch nicht.
Es hat nicht mehr aufgehört zu regnen und es wurde schon spät. Die junge Frau an der Touristeninformation meinte wir wären bis Tikal noch mindestens zwei Stunden unterwegs, da die Straße sehr schlecht sei und teilweise unbefestigt.
Also haben wir uns gleich im Grenzort auf die Suche nach einer Unterkunft gemacht. Schnell war ein günstiges Zimmer mit nettem Balkon und sicherem Parkplatz für die Mopeds gefunden. Etwas erschrocken sind wir nur, als der Hausmeister mit einer Pump-Gun in der Hand auftauchte um uns das Tor zum Innenhof zu öffnen. Der Schreck legte sich allerdings mit der Zeit, als wir noch mehrere andere Männer mit Pump-Guns auf Ihren Mopeds vorbei knattern sahen. Die Knarre scheint hier ein in beliebtes Modell zu sein...
Am nächsten Morgen machten wir uns dann bei trockenem Wetter auf den Weg Richtung Tikal – auf die doch ach so schlechte Straße...???
Nein – wir hatten vorwiegend Asphalt unter den Reifen, der so gut und glatt war wie wir es schon lange nicht mehr erlebt haben. Lediglich 6 Kilometerchen waren unbefestigt und durch den Regen noch etwas glitschig und mit reichlich Pfützen gespickt.
Kati fährt ja eher nach dem Motto: Augen zu und durch, während ich Schlaglöchern und Pfützen doch gerne ausweiche. Den Unterschied sieht man auf dem Bild – während Kati noch Ihre Hose ausbürsten musste lag ich schon entspannt in der Hängematte...
Am Lago Peten Itza finden wir dann ein gemütliches günstiges Hotel – gerade einmal 10 Euro die Nacht. Von hier sind es noch rund 30 Kilometer bis Tikal. Wir haben uns gegen den Campingpatz vor den Toren des Nationalparks entschieden, da der Boden durch den starken Regen schon ziemlich aufgeweicht ist. An dem See lässt es sich gut aushalten, die Temperaturen sind endlich mal wieder erträglich, bei 20 bis 25 Grad ist auch mal wieder an einen vernünftigen Schlaf zu denken.
Wir lassen uns am Morgen vom Hotelchef Humberto für gerade einmal 5 Euro in den Park fahren, die Motorräder bleiben im sicheren Hotelparkplatz zurück. Humberto hat uns auch einen Platz in einer geführten Tour durch die Ruinen gebucht – der Führer spricht englisch, sonst wäre das für uns rausgeschmissenes Geld gewesen.
Die Ruinen möchten wir uns mit fachkundiger Führung ansehen, damit können wir nicht nur über riesige Steinhaufen staunen, sondern verstehen auch wieso und wie lange die dort schon stehen.
Die geführte Tour lohnt sich, wir sind etwa vier Stunden mit dem Guide unterwegs und nochmals drei Stunden auf eigene Faust. Mit Witz und viel Ehrlichkeit erfahren wir wie wenig die Wissenschaft eigentlich über die Maya-Kultur weiß. Vieles von dem was man meint zu wissen wird alle paar Jahre revidiert und es gibt neue Erkenntnisse. Sicher ist nur eins – Tikal ist die größte bislang bekannte Maya-Stätte. Rund 200.000 Einwohner zählte die Stadt in ihrer Blütezeit...
Ich könnte jetzt viel zu Tikal schreiben, mache es aber nicht. Das wäre nur viel Arbeit und Streß für mich und ggf. langweilig für Euch. Vieles kann man im Internet nachlesen, aber noch besser ist es sich selbst einen Eindruck vor Ort zu verschaffen – unserer Meinung nach absolut empfehlenswert!
Sehr beeindruckend ist aber auch die Geschichte der Entdeckung und Freilegung. Denn die Ruinen standen nicht immer so frei im Dschungel. Ursprünglich bereits völlig zu gewuchert und unter einer dicken Erdschicht wiesen nur Hügel mit seltsam geometrischen Formen auf die Tempelanlagen hin.
Zu Zeiten der Mayas gab es auf dem riesigen Gelände keinen Wald, alles war offen und übersichtlich. Die Tempel waren in unterschiedlichen Farben gestrichen und man hatte eine weit reichende Aussicht – das muss mal richtig beeindruckend ausgesehen haben...
Für uns geht es aber weiter Richtung Süden. Humberto, unser Herbergsvater, hat uns noch mit einigen Tipps für den weiteren Weg versorgt. Aber all zu weit kommen wir nicht, das Wetter macht uns wieder einen Strich durch die Rechnung. In Poptun beginnt es wieder zu regnen und die Temperaturen sinken auf 15 Grad. Eigentlich ja noch angenehm warm, aber wir sind nun seit Wochen Temperaturen von 35 Grad und mehr gewohnt – uns fröstelt es!
Also geht es auf die Finka Ixobel – eines der wenigen Hotels in Guatemala mit angeschlossenem Campingplatz außerhalb der Stadt. Der Campingplatz ist aber eine einzige Schlammwiese – es ist nicht daran zu denken hier das Zelt aufzuschlagen - wir landen also in einer Cabaña.
Ein Mitarbeiter der Finka erzählt uns, dass es um diese Jahreszeit eigentlich gar nicht mehr regnen sollte und es sonst auch immer viel wärmer ist! Komisch, solche Sprüche hören wir bereits seit wir unterwegs sind in nahezu jedem Land, das wir bereits haben. Irgendwie war das Wetter dort meist anders als zu dieser Jahreszeit eigentlich sein sollte – zum Glück aber nicht immer schlechter...
Wir machen uns dann weiter auf den Weg Richtung Süden. Die Straßen in Guatemala empfinden wir als überraschend gut – besser als Mexiko! Die Anzahl der Polizei- und Militärkontrollen unterscheidet sich aber nicht wirklich. Täglich passieren wir mindestens 2 Kontrollpunkte, und das obwohl wir wirkliche kurze Tagesetappen fahren – andernfalls ist man im Nu durch Zentral-Amerika durch.
Aber bei den Kontrollpunkten haben wir entweder ein extremes Glück, oder unser „Alemania“ Schriftzug auf dem Windschild funktioniert – seit Einreise nach Mexiko, was inzwischen mehr als 2 Monate her ist, wurden wir nur einmal gestoppt. Ein recht guter Schnitt, wenn man da die Schlagzahl anderer Overlander hört...
Landschaftlich hat Guatemala schon etwas mehr als Mexiko zu bieten, kulturell sieht es da ähnlich aus. Wir empfinden die kleinen Orte auch als aufgeräumter und sauberer. Die kleinen Obst- und Gemüsestände am Wegesrand sind einfach klasse! Frisch, direkt vom Erzeuger und zu Spott-Preisen findet man hier immer einen Snack für unterwegs.
Aber der erste Eindruck sollte nicht täuschen auch hier gibt es die „Müllverbrennung“ am Wegesrand. Gerade wenn man mit dem Motorrad durch solche eine Rauchschwade fährt ist das nicht sonderlich lecker.
Aber auch die LKW’s oder Busse lassen uns mit ihren Abgasen nach Luft ringen – mit Feinstaub hat das hier nichts mehr zu tun..
Die Strecke durch die Berge ist aber klasse, auf meist sehr guten Straßen schwingen wir durch eine nette Berglandschaft. Der Verkehr hält sich in Grenzen und der Fahrstil ist sehr rücksichtsvoll – auch wenn einige Überholmanöver recht gewagt mit einer ordentlichen Portion Gottvertrauen von statten gehen. Oder aber die alten Schüsseln hier in Guatemala haben einen „Radar“ eingebaut.
In den kleineren Orten sehen wir auch immer wieder Männer auf Mopeds mit einer Pump-Gun oder ähnlichem auf dem Rücken spazieren fahren – ein Anblick an den wir uns nicht so richtig gewöhnen wollen...
Dann tauchen wir in ein anderes Guatemala ein – Guatemala Stadt. Die Hauptstadt des Landes mit einer geschätzten Einwohnerzahl, inkl. der Außenbezirke, von 5 Mio. Menschen!
Die Stadt überrascht uns– der Verkehr ist ruhig und der Fahrstil extrem rücksichtsvoll. Viele edle Karossen von Porsche über BMW & Co.. Mc Donalds, Subway riesige Shopping Malls, in denen alle Marken mit Rang und Namen vertreten sind – das hatten wir hier nicht erwartet.
Immer wieder bekommen wir aus vorbei fahrenden Fahrzeugen den „Daumen hoch“ gezeigt. An der Ampel ein kurzer Plausch mit dem Mopedfahrer nebenan – wir fühlen uns wohl in der gefährlichsten Stadt des Landes!
Wir suchen aber ewig nach unserem Hostel - im Gewirr der Einbahnstraßen ist das gar nicht so einfach. Nach einer „links abbiegen“ Straße sollte für unser Empfinden eine „rechts abbiegen“ Straße kommen – tut sie aber nicht! Also stellen wir uns einfach auf den Gehweg, um uns zu beratschlagen. Da kommt auch schon eine Mitarbeiterin aus einem Reifenhandel heraus und fragt ob sie uns helfen könne. Sie selbst kann uns zwar nicht sagen wie wir zu unserem Hostel kommen, aber sie stoppt einfach einen der zahlreichen Moped-Kuriere, erklärt ihm unsere Lage und er solle uns doch dort hin bringen...
Freudig fährt er voraus und lotst uns zielsicher zu der Adresse, wir bedanken uns, er lächelt und wünscht uns eine schöne Zeit in Guatemala Stadt!
Dann ist es soweit, unsere Motorräder haben sich ein kleines Wellness-Programm verdient. Es dreht sich vorwiegend um das Fahrwerk. Das hintere Federbein hat sich nun nach über 60.000 km über Stock und Stein einen Service verdient – es hat schon etwas Öl verloren. Mit gerade einmal 125 US$ je Stück ein fairer Preis und günstiger als in den Staaten oder gar Deutschland.
Auch die Gabel bekommt eine grundlegende Reinigung und neues Öl – das können wir unterwegs immer nur behelfsmäßig durchführen. Señor Chang, vom Öhlins Importeur wird sich der Sache annehmen – „It will be like new – or even better!“
Da die Gelegenheit günstig ist, wird auch gleich das Motorenöl gewechselt – das ist schon wieder fällig.
Wir werden die Zeit für eine ausgiebige Stadtbesichtigung nutzen – die angeblich so gefährliche, aber auch die multikulturellste Stadt Zentralamerikas hat uns neugierig gemacht...
Unsere Tour durch die Millionen-Metropole verläuft angenehmer als befürchtet. Mit dem Bus der „grünen Linie“ geht es zügig in die Zona 1. Hier könnte man fast meinen man sitzt in einem Bus irgendeiner amerikanischen Großstadt. Das Regierungsviertel hat den Charme der 70er Jahre Architektur – also gar keinen! Dafür ein interessantes Museum zur bewegten Geschichte Guatemalas – und das kostenlos!
In der historischen Altstadt wird es dann schon netter. Alte Paläste, Kirchen und Regierungsgebäude passen viel besser zu unseren Vorstellungen Guatemalas.
Doch der Hammer ist das alte Postgebäude, heute dient es als Bürogebäude. Liebevoll restauriert für unseren Geschmack das Prunkstück der Stadt. Der mit Brunnen und kleinen Gärten gestaltete Innenhof wirkt wie ein Oase mitten im Zentrum. In der Nähe befindet sich auch der „Punkt-Null“ Guatemalas, von hier aus werden die Entfernungsangaben aller Straßenkilometer des Landes gemessen – sozusagen das Zentrum des Landes.
Mittagessen gibt es dann auf dem Markt – für umgerechnet 1,50 Euro ein Hühnerschenkel mit Reise und Gemüse. Man sollte sich hier aber keine Gedanken über europäische Hygienevorschriften machen - unsere Mägen sind inzwischen ja zum Glück schon einiges gewohnt und außerdem bin ich immer noch voller Antibiotikum von meiner Giardia-Attacke – also was soll’s – es schmeckt lecker!
Die Märkte bieten alles von Obst und Gemüse über Kunsthandwerk & Co. Vieles wird direkt an der Straße präsentiert – was der Ware einen dezenten grauen Rußschleier verpasst.
Doch wir fragen uns auch, was ist mit der Gefahr in der Stadt? Wir fühlen uns nicht belästigt oder gar bedroht. Sicherlich werden wir hier und da mal von Kopf bis Fuß gemustert, denn wir sind unverkennbar keine Einheimischen. Aber ohne Schmuck, dicker Kamera oder teuren Klamotten sind wir uninteressant. Auch die normalen Einheimischen sind ohne Bodyguard unterwegs, nur in teuren Limousinen sitz mal ein Herr mit gezogener Knarre auf dem Beifahrersitz.
Zum Abschluss unserer Tour findet sich dann auch ein gemütlicher Pub für das wohlverdiente Absacker-Bierchen. Dann geht es zurück mit dem Bus der „roten-Linie“ – dem Chicken-Bus. Das sind die eher heruntergekommenen alten US-Busse. Zwar optisch alle schön bemalt, aber nur äußerlich. Der Innenraum kann seine Jahre nicht verleugnen, die Bremsen quietschen, dass sich uns die Nackenhaare aufstellen – aber das ist eher das Guatemala-Stadt das wir erwartet haben.
Die Rußwolken ziehen durch die defekten Fenster ins Innere – uns wird übel! Und in Deutschland macht man sich Gedanken zur Umweltplakette....
Für uns geht es jetzt noch weiter durch Guatemala, es gibt hier noch wirklich viel zu entdecken. Wir hoffen nur, dass uns das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht, denn Berge und Vulkane ohne Wolken sind nach unserem Geschmack...
die Duese's (Sonntag, 27 Januar 2013 19:28)
ERSTER :-)
Hai Ihr Zwai,
schön wieder von Euch zu lesen. Wie immer toll geschreiben...
Bis bald
LG aus FDS
Andreas
Motorrad Schwizler (Sonntag, 27 Januar 2013 20:36)
Mehr als beeindruckend euer Blog!
Es ist immer toll von euch zu lesen und hören :-)
Weiterhin eine gute Reise mit vielen unvergesslichen Momenten.
Euer Team von Motorrad Schwizler
harald (Sonntag, 27 Januar 2013 22:03)
hi guys.great report.have fun
Ludwig (Montag, 28 Januar 2013 11:51)
Euer Bericht ist sehr gut zum lesen u. die Bilder sind sehr schoen. Ja, nach 60K brauchen eure Bikes auch mal wieder einen strip-tease wie du schriebst.
Weiterhin gute Fahrt & viel Glueck.
Werner (Dienstag, 29 Januar 2013 07:14)
Weiterhin viel Erfolg und Gesundheit.
Es ist phantastich soetwas zu lesen.
Wunderbar!
Annemie + Werner aus Siegburg
Martin in Chile (Donnerstag, 31 Januar 2013 16:50)
Hallo Ihr Zwei,
weiter alles Gute für Euch im "gefährlichsten Land". Es kommt immer drauf an was man draus macht.
Mir gehts in Chile jetzt richtig gut.
Die Rote GS lebt und die Reifen sind neu. Die Anden könne kommen.
Viel Spaß wünscht Euch
Martin
Hubert (Donnerstag, 14 Februar 2013 08:18)
man, da habe ich euren Bericht mal wieder total verpennt, aber Gottseidank bleichen die Buchtsaben nicht so schnell aus. Eure Berichte sind einfach schön zu lesen.....direkt und einfach.