Kati: Auf unseren Aufenthalt in Belize haben wir uns schon lange gefreut. Das Land ist komplett anders als seine Nachbarn und das bezieht sich nicht nur auf die Sprache. Mit einem 30 Tage Visum wollten wir uns alle Möglichkeiten offen halten. Doch unser Start hier war alles andere als relaxt, denn wenn Montezuma zuschlägt, sieht es im wahrsten Sinne des Wortes beschissen aus. Wieder fitter genießen wir die Exotik und Schönheit dieses kleinen Landes, dass uns eindrucksvoll beweisen will, dass die Regenzeit noch immer nicht vorüber ist. Doch die Herzlichkeit und Offenheit der Menschen gepaart mit dieser total relaxten Stimmung machen Belize für uns wahnsinnig liebenswert.
Der Grenzübertritt zwischen Mexiko und Belize in Chetumal geht easy von Statten. Wir geben unsere Touristenkarte zurück und canceln den Fahrzeugimport und schon fahren wir über die Grenze. War es in Mexiko noch recht wuselig, erwartet uns hier eine andere Welt. Wir haben schon viel von der relaxten Atmosphäre in Belize gehört. Beim Betreten der Halle mit den Einreise- und Zollbeamten fällt gleich ihre dunkle Hautfarbe auf. Ich werde total freundlich begrüßt und freue ich am meisten endlich wieder englisch sprechen zu können – wenn der karibische Slang auch echt gewöhnungsbedürftig ist. In Nullkommanix habe ich ein 30-Tages-Visum im Pass und auch der Moped-Import geht schnell von Statten. Doch irgendwas ist anders hier: Stille. Es ist so ruhig, dass man sogar das Surren der Neonröhren an der Decke hört. Willkommen in Belize!
Die ersten beiden Nächte wollen wir gleich in Corozal bleiben. Der Chef unseres kleinen Hotels bringt uns nach dem Einchecken mit seinem alten Mercedes zum Geldwechseln. Jedoch nicht zur Bank, sondern ins Möbelgeschäft. Insidertipp – da bekommt man die besten Kurse, obwohl der Belize-Dollar eigentlich am US-Dollar hängt. Uns solls recht sein. Den Kursgewinn investieren wir in frischen Fisch im Purple Toucan – ebenfalls eine Empfehlung von Chefe. Doch Jens findet die im wahrsten Sinne des Wortes beschissen und verbringt fortan die meiste Zeit im Kachelmuseum unseres Zimmers.
Nach drei Tagen können wir es wagen in die Nachbarstadt zu fahren. Jens geht es besser aber nicht gut und wir sind froh, dass es nur 50 km sind. Im Hotel angekommen wird es wieder schlimmer und der Arme liegt die nächsten Tage flach. Nichts bleibt drin, nicht mal Wasser. Sein Zustand ist besorgniserregend, da er langsam aber sicher dehydriert. Zum Arzt? Ach wo! Erst auf Androhung eines Besuches im Krankenhaus stellt sich am Folgetag endlich Besserung ein. Somit fällt unsere Silvesterfeier aus, wobei wir nicht das Gefühl haben etwas verpasst zu haben. Wir nutzen die Besserung an Neujahr für einen Stadtbummel. Überall werden wir freundlich gegrüßt und man wünscht uns ein gesundes glückliches neues Jahr. Als wir uns an der Plaza niederlassen, kommt Cliff zu uns. Er hat uns eine Belize-Broschüre in der Touristeninformation geholt und begrüßt uns in seinem Land. Wow – hier fühlen wir uns mal richtig willkommen!
Orange Walk haben wir eigentlich nur wegen einer Bootstour zu den Maya-Tempeln von Lamanai angesteuert. Nachdem Jens wieder einigermaßen bei Kräften ist, können wir zur Tagestour starten. Mit einem einfachen Motorboot geht es erst mal 50 km den New River entlang. Unser Guide Ignacio hat dabei mit seinen Adleraugen stehts das Ufer im Blick und stoppt mehrfach abrupt – Krokodile, Iguanas und verschiedenste Vögel gibt es hier zu sehen. Einen Abstecher zur Zuckerfabrik, die das allerorts angebaute Zuckerrohr verarbeitet, macht er ebenfalls mit uns. Die Zeit vergeht wie im Flug bis wir bei den vom Dschungel eingeschlossenen Ruinen ankommen.
Immer wieder entdecken wir die scheinbar neue Spezies der iPad-Fotografen. Während sich zwar die meisten anderen Touristen noch mit Fotoapparaten zwischen Kompakt-Knipse und digitaler Spiegelreflexkamera auf Motivjagd machen, haben viele Touris der Generation 50+ einen neuen Trend gesetzt: iPad-Fotografie. Also ich frage mich da ja: warum sollte ich einen Tablet-PC mit in den Dschungel schleppen? Egal, vielleicht bin ich einfach noch zu jung für so was...
Die Ruinen von Lamanai gehören zu der wahrscheinlich am längsten besiedelten Maya-Stadt. Fast 3000 Jahre lang sollen hier bis zu 55.000 Menschen gelebt haben. Während die Royals in Steinhäusern wohnten und für die Anbetung der verschiedenen Götter diverse Tempel gebaut wurden, lebte die Normalbevölkerung in einfachen Holzhütten. Quer durch den Dschungel gehen wir über schmale Pfade von einem Tempel zum anderen. Unterwegs lernen wir noch mehr über die Pflanzenwelt und deren medizinische Nutzung. Begleitet wird das Ganze vom Gebrüll der Affen, die sich wenig später dann auch noch in den Baumkronen sehen lassen.
Ehe wir uns versehen ist der Tag fast schon wieder rum und es geht zurück zum Boot. Ignacio stimmt uns noch mit einem Rumpunsch auf die extrem kurvenreiche Rückfahrt ein. Die Gespräche mit den internationalen Mitreisenden lassen die Zeit wie im Flug vergehen. Nur der Himmel ist bedenklich dunkel geworden. Während der guten Stunde zurück nach Orange Walk gehen 3 Regengüsse auf uns nieder. Zum Glück ist es tropisch warmer Regen und wir sehen es gelassen.
Unterwegs passieren wir nur eine Siedlung, und die wird von Mennoniten bewohnt. Ignacio hat auch zu diesen „deutsch“ sprechenden Einwanderern eine Menge Infos parat. Bis zu 2.500 Menschen leben in diesem Dorf. Die Herren am Steg unterscheiden sich lediglich in der Art ihrer Hosen. Nur „echte Männer“ tragen Jeans, die Jungs dafür Latzhosen. Heiraten dürfen nur Mennoniten untereinander, ansonsten müssten sie die Gemeinschaft hier verlassen. Da früher oder später alle irgendwie miteinander verwandt sind, sagt man hier „Cousins and Cousins make Dozens“. Und noch etwas ist hier besonders: sie verwenden kein Gummi. Berechtigte Frage meines kanadischen Nachbarn: „Für die Reifen oder zur Verhütung?“ Tatsächlich entfernen die Mennoniten hier von allen Landmaschinen und Co. die Reifen und ersetzen sie gegen Stahlräder. Warum? Keine Ahnung...
Es ist an der Zeit weiter zu fahren. Unser nächstes Ziel soll Hopkins sein. Doch der Regengott meint es nicht gut mit uns. Wir werden ihn doch gestern an seinem Tempel nicht verärgert haben? Jedenfalls werden wir auf der 200 km langen Strecke quer durchs Land, das übrigens gerade mal so groß ist wie Hessen, drei Mal durchgeweicht. Und das geht jedes Mal so schnell, dass es für den Regenkombi schon zu spät ist. Vom wunderschönen Hummingbird-Highway sehen wir erst mal nicht viel – aber wir kommen hier ja auch wieder zurück. Die Nebenstrecke nach Hopkins, einem kleinen Fischerort an der Küste, sieht abenteuerlich aus. Der viele Regen hat die 1000 Schlaglöcher gefüllt und zu riesigen Pfützen verbunden. Dazwischen befindet sich eine schmierig glitschige Matschschicht, auf der wir die letzten 7 km zu unserem Ziel rumpeln.
In einem kleinen Guesthouse direkt am Strand genießen wir die Ruhe. Das Regenwetter stört uns zunächst nicht. Doch leider bleibt es nicht bei einem Tag. Unsere Schnorchelpläne für das größte Korallenriff der Nordhalbkugel müssen wir wohl erst mal beerdigen. Doch so schnell geben wir nicht auf – wir sind jung, wir haben Zeit, wir können warten.
Es ist mal wieder an der Zeit das Tagebuch aufs Laufende zu bringen und auch an sonstigen Schreibarbeiten und Datensicherungen ist einiges zu tun. So lässt sich auch mehrtägiges Regenwetter gut ertragen. Wenn man überlebt, wie gesegnet wir in den letzten Wochen und Monaten mit dem Wetter waren, haben wir absolut keinen Grund uns zu beschweren.
Jens Genesung ist ein ständiges auf und ab und nach einem guten Tag kommt immer wieder ein schlechter. Also entscheiden wir uns zu bleiben und damit zwangsläufig umzuziehen, da unser Zimmer gebucht ist. Wir finden eine neue Unterkunft auf der anderen Straßenseite bei Ingrid, einer deutschen Auswanderin. Wir werden herzlich aufgenommen und bekommen sogar einen Sonderpreis. Da wir Hopkins schon zu Fuß erkundet haben, machen wir uns auf den Weg nach Sitee River mit dem Fahrrad. Auf der schlaglochübersähten Buckelpiste tut uns innerhalb kürzester Zeit der Hintern weh – fahren wir doch auch das erste mal seit über 2 Jahren wieder mal Rad. Außerdem kann es der Sattel halt nicht mit unserer Kahedo-Sitzbank aufnehmen.
Geschlaucht von der Radtour gehen wir am Abend essen. Doch ein erneuter Rückfall setzt Jens wieder außer Gefecht. Zum Glück hat Ingrids Guesthouse echte Wohlfühlatmosphäre und so verbringt mein Mann viel Zeit schlafend und versucht wieder fit zu werden. Wir sind so langsam etwas ratlos was die Ursache ist und beschließen nach Möglichkeit wieder selbst zu kochen, um jegliches Risiko beim essen gehen auszuschließen. Doch bei dem immer wieder plötzlich beginnenden Platzregen ist das nicht immer ein leichtes Unterfangen.
Hopkins hat einfach eine besondere Atmosphäre. Die dunkelhäutigen Einheimischen geben dem kleinen Fischerdorf ein tolles karibisches Flair. Auf der Straße kommen uns Rasta-Men entgegen und hier grüßt jeder jeden. Aus den Boxen an den kleinen Ständen am Straßenrand dröhnt Bob Marley und abends hören wir in der Ferne Trommelkonzerte. Doch Hopkins hat auch internationale Küche zu bieten – es gibt ein von Deutschen betriebenes Lokal, eine Pizzeria und sogar einen Inder. Der betreibt seinen Laden als One-Man-Show in einer Holzbude am Strand. So können zwischen Bestellaufnahme und dem fertigen Essen dann auch schon mal 45 Minuten liegen – vor allem wenn noch 2 weitere Gäste da sind. Aber hier hat man eben Zeit. Der perfekte Ort zum entschleunigen!
Nach einer Woche in Hopkins wird es aber Zeit uns wieder auf den Weg zu machen. Den Schnorchelausflug haben wir beerdigt. Entspannte Tage sind ja schön, aber es treibt uns weiter. Doch nicht so weit wie geplant. Die Fahrt auf dem Hummingbird Highway macht richtig Laune. Wir passieren kleine Ortschaften, winken den Einheimischen fleißig zurück und genießen den Duft von Zitrusfrüchten, die hier auf großen Plantagen angebaut werden. Nach 130 km erreichen wir Belmopan und Jens ist fertig mit der Welt. So geht das nicht weiter. Wir beschließen hier zu bleiben und mit medizinischer Unterstützung der Ursache auf den Grund zu gehen. Nur leider ist Freitag Nachmittag dafür nicht der perfekte Zeitpunkt. Also vertagen wir die Laboruntersuchung auf Montag, um endlich Gewissheit zu bekommen, bevor wir weiter nach Guatemala reisen.
Belmopan ist die „neue“ Hauptstadt von Belize. Nachdem die damalige Hauptstadt Belize City von einem Hurrikan zerstört wurde, beschloss man 1965 die Hauptstadt weiter ins Landesinnere zu verlegen. Eine neue Stadt entstand am Reißbrett. Mit gerade mal 15.000 Einwohnern geht es hier sehr beschaulich zu. Unser Hotel liegt mitten im Banken- und Regierungsbezirk, was sicher aufregender klingt als es ist. Als wir am Samstag zu einer ersten Erkundungstour zu Fuss aufbrechen, kommt es uns vor, als hätte man die Stadt evakuiert – wir treffen nur wenige Fahrzeuge und Menschen. Aber das ist uns tausendmal lieber als durch eine hektische Großstadt zu laufen.
Am Montag führt uns unser erster Weg wie geplant zum Arzt. Zuerst erfolgt die Laboruntersuchung der mitgebrachten Stuhlprobe. Nach einer halben Stunde Wartezeit überbringt uns der Laborant die Hiobsbotschaft: Giardia! Wir sollten unbedingt noch mit dem Arzt sprechen. Der ist noch recht jung und die Ruhe in Person. Nach einem sehr ausführlichen Interview und ausgiebiger Untersuchung verschreibt er Jens Präparate, um die angegriffene Darmflora wieder zu stärken und ein Antibiotikum, das den Parasiten den Garaus machen soll. Wir verbringen mehr als eine halbe Stunde im Sprechzimmer und es bleibt natürlich genügend Zeit, um über das Reisen und Leben zu philosophieren. Mit gerade mal 45 Euro für Laboruntersuchung, Arzttermin und Medikamente ist das Ganze noch ein absolutes Schnäppchen für unsere Reisekrankenversicherung.
Wir werden noch zwei Tage in Belmopan verbringen, bis die Medikamente anschlagen und sich Jens wieder etwas besser und vor allem fitter fühlt. Sobald er wieder besser bei Kräften ist, werden wir diesem Idyll schweren Herzens auf Wiedersehen sagen.
Wir wussten, dass Belize anders ist. Aber im wahrsten Sinne des Wortes ist es das bislang liebenswerteste Land unserer Reise. Die Menschen sind offen, fröhlich und freundlich. Die entspannte Atmosphäre ist ansteckend. Es ist einfach zu bereisen, sicher und noch nicht touristisch ausgeschlachtet. Wir hoffen, dass es sich diesen Charme auch weiterhin bewahren kann.
Katja (Dienstag, 15 Januar 2013 17:33)
Gute Besserung!!!
Martin in Chile unterwegs (Dienstag, 15 Januar 2013 19:23)
Erstmal natürlich GUTE BESSERUNG JENS!!!!!!!
Hallo nach Belize,
wo es Euch so gut gefällt. Toller Bericht mal wieder. Weiterhin Gute Reise wünscht Euch
Martin
Birgit (Mittwoch, 16 Januar 2013 13:53)
Da wünschen wir auch mal gute Besserung.
Ganz liebe Grüße aus dem leicht verschneiten Villingen
Eure
Birgit
Thomas (Samstag, 19 Januar 2013 12:19)
Gute Besserung nach Belize.
Mit solchen Untermietern ist nicht zu spaßen. Am besten erst in aller Ruhe auskurieren.
Es gibt bestimmt schlimmere Orte zum Erholen ;-)
daggy und family (Donnerstag, 24 Januar 2013 10:46)
Alles Liebe und hoffentlich bist Du wieder fit Jens!!!! Liebe Grüße aus dem verschneiten und ziemlich kalten Niedersachsen(bis -10Grad- für unsere Verhältnisse ;))!!!