Bevor wir den Eyre Highway in Angriff nehmen, gönnen wir uns nach 2 Wochen unterwegs nochmals den Luxus einer Cabin in Norseman. Die 40°C Hitze hier und die Unmengen an aggressiven Fliegen haben uns die Entscheidung zu dieser 70-Dollar-Extra-Ausgabe leicht gemacht. Norseman liegt rund 200km nördlich von Esperance und ist das Tor zum Eyre Highway und damit dem Nullarbor Plain. Das Städtchen entpuppt sich allerdings als ein wirklich verschlafenes kleines Nest – mitten im Nirgendwo.
Den Namen hat der Ort von einem Pferd namens „Hardy Norseman“, das hier Ende des 18. Jahrhunderts einen Goldklumpen mit seinen Hufen freigelegt hat. Daraufhin entwickelte sich hier eine Goldgräberstadt. Gold gibt es jetzt zwar keines mehr, aber eine Statue des Pferdes, eine Touristeninformation, eine Handvoll Geschäfte, einen Campingplatz und natürlich eine Tankstelle.
Die Cabin bietet uns für 99$ die Nacht neben einer Klimaanlage auch den Luxus eines Kühlschrankes - endlich wieder kaltes Bier nach dem BBQ. Nebenbei haben wir hier auch die Möglichkeit die Akkus unserer Kameras wieder richtig aufzuladen.
Norseman soll uns als Startpunkt für den Nullarbor Plain dienen. Eine 1.200 km lange Strecke, die zum Teil durch eine baumlose Buschlandschaft führt und an der sich keine Ortschaften, sondern nur Roadhouses befinden. Der nächste „richtige“ Ort nach Norseman wird erst wieder Ceduna sein. In der Touristeninformation hat uns Evelin mit entsprechendem Kartenmaterial und guten Tipps versorgt. Also prüfen wir am Abend vor der Abfahrt nochmal den Reifenluftdruck, schmieren die Kette, checken das Öl – aber wie erwartet ist alles in Ordnung. Unterwegs eine Panne zu haben, artet unweigerlich in ein größeres Problem aus. Das wollen wir uns natürlich gerne ersparen.
Am Morgen der Abfahrt lassen wir unser Navi erst mal nach Ceduna navigieren – dem Endpunkt der Strecke. Dann starten wir mit vollen Tanks und einigen Litern Wasser im Gepäck Richtung Osten. Es soll spätestens alle 200 km Benzin und Verpflegung geben – insofern zwar halb so wild, aber dennoch eben eine besondere Strecke. Die Australier haben uns empfohlen, für den Fall einer Panne auf jeden Fall immer genug Wasser dabei zu haben. Außerdem sollte man es unterlassen, abseits des Highways auf Erkundungstour zu gehen. Hier gibt es nur sehr wenige offizielle Dirt-Roads. Sollte einem hier etwas passieren, findet einen dort garantiert niemand. Handyempfang ist auf der gesamten Strecke natürlich Fehlanzeige.
Nach rund 200km kommen wir in Balladonia an, dem ersten Roadhouse der Strecke. Auf halben Weg hierher lag zwar noch die Frazer Range, dort wird aber außer einem wunderschönen Campingplatz auf der Schaf-Farm nichts weiter geboten. In Balladonia werden also erst mal die Tanks gefüllt.
Die Spritpreise hier draußen sind auch nicht von schlechten Eltern – 1,93$ der Liter, das ist sogar für deutsche Verhältnisse ein stolzer Preis. Auch die sonstige Verpflegung ist hier nicht wirklich günstig. Eine 1,5 Liter Flasche Wasser kostet hier bis zu 6 Dollar!
Die Fahrt stellt zwar keine großen fahrerischen Ansprüche, aber an Aufmerksamkeit sollte es trotzdem nicht fehlen. Die Warnschilder wiederholen sich übrigens alle 150 km und die toten Kängurus am Straßenrand haben wir irgendwann aufgehört zu zählen.
Dann kommt die „90 Mile Straight“ – 146,6 km immer schnurgerade aus. Mit dem Motorrad ein echter Härtetest. Wenn auch wenig spektakulär legen wir auch hier eine Pause ein. Bei mittlerweile 35° C im Schatten sollte man viel trinken. Und Schatten sucht man hier vergebens. Erstens sind keine Bäume da und zweitens steht die Sonne im Zenit und brennt erbarmungslos auf uns nieder.
Die Roadtrains auf dieser Strecke sind mit der vollen zulässigen Höchstgeschwindigkeit unterwegs – 110km/h. Und bei einer Gesamtlänge von bis zu 36,5 m sollte man nicht damit rechnen, dass die mal eben kurz anhalten können. Das bekommt hier leider insbesondere die Tierwelt zu spüren.
Die Entfernungen hier draußen sind enorm. Jedoch handelt es sich nur bei Norseman und Ceduna um echte Orte mit Zivilisation.
In Caiguna füllen wir noch einmal die Tanks auf. Es ist erst 15 Uhr nachmittags und daher zu früh, um das Zelt in der prallen Sonne aufzustellen. Daher fahren wir die 64 km weiter nach Cocklebiddy. Unterwegs fahren wir in eine neue Zeitzone und müssen die Uhren um ungewöhnliche 45 Minuten vorstellen. Das Ganze wird in Kürze noch einmal passieren, dann kommen weitere 1:45 dazu. Bis Adelaide haben wir also 2 Stunden und 30 Minuten Zeitunterschied zu Perth.
Willkommen in Cocklebiddy – wer hier arbeitet hat keine andere Wahl, als auch hier zu leben. Ob die Tiere sich das freiwillig ausgesucht haben…?
Das Roadhouse bietet einen kleinen Shop, eine Snackbar, eine Bar und ein Restaurant – in allen 4 „Lokalitäten“ wird man von derselben netten Dame bedient. Aber wer hier rastet, der hat Zeit. Eine Bestellung läuft hier so: Essen bestellen wir in der Snackbar. Bei der Frage nach einem kalten Bier werden wir an die Bar im Nebenraum verwiesen, hinter deren Tresen innerhalb von Sekunden dieselbe Dame steht.
Am Abend genießen wir dann noch den Sonnenuntergang. Als es gerade vollständig dunkel war, herrschte totaler Stromausfall auf der gesamten Anlage. Ein seltsames Gefühl – wir stehen mitten im nirgendwo im stockfinsteren. Doch nach nur 5 Minuten hat man das Problem gelöst und die Lichter gehen wieder an. Don`t worry mate…
Das nächste Roadhouse in Madura liegt besonders schön am gleichnamigen Pass – eingebettet zwischen vielen Bäumen. Hier finden wir das erste und einzige Mal eine etwas aufgehübschte Anlage. Die anderen waren da eher funktional.
Den Abzweig zum Aussichtspunkt am Mandura-Pass sollte man auf jeden Fall nehmen. Über einen kurzen Schotterweg bekommt an eine tolle Übersicht auf die Ebene, während sich unter einem die Road-Trains die Steigung hinauf quälen.
In Mundrabilla ist es wieder an der Zeit, die beiden 800er mit Treibstoff zu versorgen. Der Aufbau der Roadhouses ist eigentlich immer gleich: Treibstoff, ein kleiner teurer Shop, ein Restaurant und ein Motel sowie ein kleiner Caravan-Park. Wöhlfühlatmosphäre wäre anders, aber niemand bleibt hier lange…
Trotz kaltem Eiskaffee werden wir die 561 km bis Ceduna heute nicht mehr schaffen. Außerdem verquatschen wir uns bei dem Stopp mit einem Schweizer, der vor 23 Jahren nach Australien ausgewandert ist und für einen Freund gerade ein Auto nach Perth überführt. Aber Eile haben wir ja eh nicht.
Nur 78 km später kommt die Staatsgrenze. Wir fahren nach South Australia. Direkt an der Grenze ist ebenfalls ein kleines Roadhouse. Während ich stoppe, um dieses Foto zu machen, sehe ich einen Motorradfahrer auf mich zulaufen. Es ist Christian aus Gifhorn, den wir bereits über Facebook kannten. Ein glücklicher Zufall, dass wir uns hier über den Weg laufen.
Beim Verlassen von Western Australia wird noch kein Quarantäne-Check durchgeführt. Anders jedoch auf der anderen Seite für alle, die nach WA einreisen. Für uns steht die Kontrolle erst kurz vor Ceduna an. Hierbei soll verhindert werden, dass Obst, Gemüse und Pflanzen über die Staatsgrenzen gebracht werden, um die Verbreitung der Fruchtfliege zu unterbinden.
Wir halten am Parkplatz direkt an der Grenze, um uns mit Christian zu unterhalten. Mit dem Grenzübertritt müssen wir die Uhren um die bereits angekündigte 1 Stunde 45 Minuten vorstellen. So schnell kann man Zeit verlieren…
Christian hat gerade den Quarantäne-Check an der Grenze zu WA hinter sich gebracht und kommt nun zu uns. Das war hier und heute das perfekte Timing, um sich über den Weg zu laufen.
Da darf ein Gruppenbild natürlich nicht fehlen. Christian ist seit Oktober in Australien und zuletzt hatten wir von ihm gelesen, als er in Adelaide war. Nun ist er unterwegs nach Kalgoorlie, um sich dort mit Freunden zu treffen, die im Auto unterwegs sind.
Gerade hatten wir noch über die Jungs mit ihrem 26 Jahre alten Landcruiser gesprochen, der immer wieder Ausfallerscheinungen zeigt, da kommen die 5 mit dem Teil angeschoben! Kurz hinter der Grenze ging gar nichts mehr und nun stehen sie hier im nirgendwo und brauchen einen Mechaniker. Erschwerend kommt hinzu, dass Sonntag ist. Wir hoffen, dass alles noch kurzfristig und vor allem preisgünstig geklappt hat!
Nach der Staatsgrenze werden die Aussichten schöner. Wir fahren oft sehr nah an der Küste und können so tolle Zwischenstopps machen. Die Klippen hier an der Australian Bight sind bis zu 70 Meter hoch.
Mit tierischen Passanten muss man hier jederzeit rechnen. Anders als bei den Roadtrains würde uns das jedoch größere Probleme bereiten. Daher ist jederzeit Achtsamkeit gefragt – gar nicht so einfach bei einer so unspektakulären Streckenführung.
Wir erreichen den Part der Strecke, der namensgebend für dieses Stück des Eyre-Highway ist: den Nullarbor-Plain. Nullarbor kommt aus dem lateinischen und bedeutet:: kein Baum. Und das können wir bestätigen – zumindest auf einem Teil der über tausend Kilometer sind weit und breit nur Gestrüpp und Gräser zu sehen.
Das wahrscheinlich meistfotografierteste Straßenschild an dieser Strecke warnt noch einmal ausdrücklich vor Kamelen, Wombats und natürlich Kängurus.
Das Nullarbor Roadhouse wird unser Rastplatz für die Nacht. Von hier sind es am Folgetag nur noch 280 km bis nach Ceduna. Auch hier gibt es einen kleinen Caravan-Park. Zudem stehen hier Backpackerzimmer in einem Wohncontainer zur Verfügung. Hinter dem Container liegt die – zum Glück windgeschützte – Tent-Area.
Unser Quartier für die Nacht am Nullarbor Roadhouse. Der Magen knurrt und so freuen wir uns auf ein selbstgekochtes und günstiges Abendessen und eine anschließende Dusche. Wir halten noch einen Plausch mit einem Australier, der auf einer F 650 Dakar von Melbourne nach Perth unterwegs ist, weil er dort für 3 Tage zu tun hat. Er hat für die Strecke nur begrenzt Zeit und fährt daher gut 1.000 km am Tag. Danach geht es den gleichen Weg wieder zurück. Das sind Dimensionen, in denen wir Europäer gar nicht denken können… Nach einem netten Gespräch geht es zeitig ins Bett, um für die letzte Etappe ausgeschlafen zu sein.
Wir machen am nächsten Tag noch einen Stopp am Nundroo Roadhouse und treffen hier zwei Deutsche, die mit einem Camper unterwegs sind. Wir halten einen Plausch über die Motorräder und bekommen wieder tolle Geschichten über die Great Ocean Road zu hören, auf die wir uns natürlich schon total freuen – endlich mal wieder Kurven! Wir berichten noch kurz von der Strecke, die bereits hinter uns liegt und die die beiden noch vor sich haben.
Das Roadhouse wirbt mit Wireless Internet. Leider funktioniert es nicht – wie auch bei den letzten 5 Roadhouses, die alle angeblich einen Internetanschluss haben sollten. Der war aber leider immer „broken“. Seit Esperance sind wir ja stolze Besitzer eines Prepaid-Internet-Sticks. Nur leider weigert sich unser Windows das Programm zu installieren. Sobald wir wieder in der Zivilisation angekommen sind, werden wir uns um dieses Problem kümmern und eine Hilfe-Mail an den EDV-Guru unseres Vertrauens nach Deutschland schicken.
In Penong werden die Tanks und der Bauch gefüllt. Immerhin leben hier 200 Menschen und daher gibt es auch einen kleinen Store, der uns mit einem Mittagessen versorgt.
Geschafft aber glücklich kommen wir am frühen Nachmittag in Ceduna an. Die Quarantäne-Kontrolle war völlig unkompliziert. Wir wurden lediglich gefragt, ob wir Obst oder Gemüse dabei haben und durften sofort weiterfahren. Wir hatten schon gefürchtet, unsere 4 Gepäckrollen und 4 Koffer auspacken zu müssen - das hätte nämlich gedauert. Wir beziehen einen kleinen aber feinen Campingplatz direkt an der Küste, der auch tatsächlich W-LAN bietet. So lösen wir dank Martins schneller und treffsicherer Hilfe auch sehr schnell unser Problem mit dem Stick. Wir bleiben für zwei Tage, um Vorräte zu füllen, Wäsche zu waschen und unser Video zu schneiden. In der Tourist Information erhalten wir noch ein Zertifikat, dass wir per Motorrad den Nullarbor Plain durchquert haben. Als nächstes steht die Grobplanung unserer weiteren Ziele auf dem Programm: Gawler Ranges, Flinders Ranges, Port Augusta, Port Lincoln, Adelaide… Wer weiß das schon?
Hier ein paar Eindrücke in bewegten Bildern vom Eyre-Highway.
Hubert (Dienstag, 25 Januar 2011 07:02)
Hallo Ihr Beiden,
schön wieder von euch zu lesen und, dass bisher alles soweit gut läuft wie geplant.
Hubert
Christian (Dienstag, 25 Januar 2011 07:11)
Wieder klasse geschrieben und schöne Bilder!
Hier ist für die naächsten Tage wieder leichter Schneefall angesagt ...
Viele Grüße nach "Down under" und weiterhin viel Spaß: Christian
Lydia (Dienstag, 25 Januar 2011 08:03)
Hallo Ihr Beiden,
alleine schon einen so tollen Reisebericht zu erstellen braucht seine Zeit. Es ist sehr schön von Euch zu lesen und zu wissen, daß es Euch gut geht. Habt weiterhin viel Spaß und haltet uns auch weiterhin so toll auf dem laufenden mit so schönen Bildern.
Lydi
Chris (Dienstag, 25 Januar 2011 08:31)
Hi Ihr beiden,
schön, daß ihr nicht frieren müsst.
Klasse Bericht wieder einmal.
So fängt der Tag gut an.
Freu mich schon auf den nächsten Bericht.
Gruß
Chris
Michael Derpmann (Dienstag, 25 Januar 2011 14:30)
Hallo Kati, hallo Jens,
auch wenn ich nicht jeden neuen Eintrag kommentiere, seid Euch sicher, ich schaue mir alles an und bin jedesmal von Neuem begeistert. Eine Frage und eine Bitte habe ich an Euch: Darf ich Eure URL auf meiner Homepage veröffentlichen? Und könnt Ihr bitte mal ein paar Fotos von Euren beladenen Bikes veröffentlichen? Ich fahre ebenfalls eine F800GS und deshalb interessiert es mich sehr, wie Ihr die gesamte Ausrüstung an den Bikes befestigt habt. Weiterhin viel Gesundheit und ein unfallfreies Fortkommen.
Viele Grüße aus Krefeld
Michael
zwerg (Dienstag, 25 Januar 2011 14:44)
juhu neues aus Australien :o)
immer ein Highlight des Tages, so schöne Berichte und Bilder von Euch zu lesen und schauen...
Habt ihr denn auch schon lebende Wombats, Kamele oder Känguruhs gesehn? Oder immer nur die armen Überfahrenen?
Könnt ihr nicht mal bislein Sonne schicken? Hier schneits nämlich scho wieder...*seufz*
Gepäckträgergrüße ;o)
Anne
duesberg (Dienstag, 25 Januar 2011 15:32)
Hi Ihr Beiden,
@Jens: Danke für das versprochene Foto (90 Mile....)
Schön das alles so perfekt läuft:-)
Den hiesigen Wetterbericht haben ja schon Chrischan und s'Zwergel kommentiert...
LG aus FDS
Andreas
Sveno (Dienstag, 25 Januar 2011 22:06)
Hallo,
fein dass alles so gut läuft! Wünsche euch weiter einen guten Verlauf der Reise und viel Spaß! Take Care!
boomer.de bike-travel (Katja und Jens Witte) (Dienstag, 25 Januar 2011 22:37)
@ Michael:
Klar kannst Du unsere Seite verlinken. Ein Foto von den aufgerödelten Bikes inkl. Packliste packen wir mal auf unsere ToDo Liste, da kamen schon mehrere Anfragen- kommt also die nächste Zeit - aber kein Streß gelle ;-)
Ludwig (Dienstag, 25 Januar 2011 23:44)
Hi you two globe-trotters Katja and Jens. It is interesting to follow all your stages of your trip on the Net, and I hope that the rest of your journey will be troublfree as well. Did you see the wave-rocks, whilst in southern WA?
Cheerio, Ludwig.
Kurt & Sabine (Mittwoch, 26 Januar 2011 10:00)
Hallo Katja & Jens
weiter viel Spass auf Eurer Reise
Jetzt noch eine Bitte an euch
Lasst doch Bitte eure Musik weg an den kurz Filmen,man vesteht euch ganz schlecht.
Noch viel Spass euch beiden
Potassium (Mittwoch, 26 Januar 2011 21:09)
Hey ihr 2, genialen Blog habt ihr da. Und die Fotos erst...da will man sofort hin. Echt echt genial.
Wie ist das eigentlich mit Geschwindigkeitskontrollen da unten? Kann ja ned so viel los sein? Hält man sich da brav an die Begrenzungen?