El Salvador/Honduras - Alles halb so wild

Kurven satt in den Bergen beider Länder
Kurven satt in den Bergen beider Länder

Kati: Etwas wehmütig haben wir dem schönen und abwechslungsreichen Guatemala Lebewohl gesagt. Doch auch El Salvador lockt mit toller Landschaft und Vulkanen und soll laut anderen Reisenden die nettesten Menschen Mittelamerikas beheimaten. Dass es gemeinsam mit Honduras zu den Ländern mit den weltweit höchsten Kriminalitätsraten gehört und fest in der Hand der skrupellosen Gang „Mara Salvatrucha“ ist, schreckt uns dabei nicht ab. Unser Entdeckungsdrang ist ungebrochen und wir freuen uns auf die neuen Erfahrungen nach der Zwangsauszeit. 

mein persönlicher Alukoffer-Ausbeuler
mein persönlicher Alukoffer-Ausbeuler

Nach tagelangem auf und ab ist bei Jens nach einer Woche endlich Besserung eingetreten. Das Fieber und die heftigen Gliederschmerzen haben sich gelegt und so langsam kommt er wieder auf die Beine. Langweilig wird uns trotzdem nicht. Ich recherchiere immer noch zum Thema Verschiffung ab Panama, die alles andere als in trockenen Tüchern ist. Unzählige Emails werden geschrieben und auch Telefonate geführt. Ein Ergebnis gibt es weiterhin nicht. Jens kümmert sich um meinen vom Umfaller eingedellten Koffer und beult diesen mit Hilfe unseres Kettentrenners wieder aus. Den täglichen Blick in die örtliche Zeitung lassen wir nach drei Tagen wieder bleiben. Jedes Mal stehen Bilder mit Polizei und Leichensäcken tragenden Menschen drin – pro Tag wird von 5-13 Toten berichtet. Die Gründe erschließen sich für uns mangels tiefer gehender Spanischkenntnisse zum Glück nicht.

endlich geht's weiter
endlich geht's weiter

Dann ist es Zeit uns von unserer schönen Unterkunft zu verabschieden. Die Mopeds werden durch den schmalen Fußweg wieder zurück in die Zivilisation befördert und bringen uns nach und nach von 1.600 m  langsam wieder in tiefere Gefilde. Die Temperaturen steigen dabei gefühlt im Minutentakt. Nach dem angenehm „kühlen“ Klima am Lago Atitlan sind wir die Hitze hier unten gar nicht mehr gewohnt. Ein letztes Mal fahren wir durch die Kaffee- und Zuckerrohrplantagen des Landes und werfen einen letzten wehmütigen Blick auf die Berge. Lebewohl Guatemala – wir haben uns hier sehr wohl und immer sicher gefühlt!

Das Auswärtige Amt hat nicht viel Gutes über unser nächstes Reiseland zu berichten: El Salvador weist in Lateinamerika und weltweit eine der höchsten Kriminalitätsraten auf.  Die Gefahr von Gewaltverbrechen - insbesondere in der Nähe der touristisch interessanten Vulkane und am Strand - ist überaus hoch, die Hemmschwelle beim Gebrauch von Schuss- oder Stichwaffen niedrig.“ Aber wir lassen die gewohnte Vorsicht gelten und machen uns keine allzu großen Sorgen. Nach der nur 30-minütigen Ausreiseprozedur aus Guatemala stehen wir auch schon auf der El Salvadorianischen Seite und werden vom Einreisebeamten herzlich willkommen geheißen.

der hat's wohl nicht über die Grenze geschafft...
der hat's wohl nicht über die Grenze geschafft...

Danach geht es zum Zoll und damit fängt auch die schlimmste Warterei an. Nachdem ich dem netten Zollbeamten die Kopien von Pass, Führerschein, Fahrzeugschein und dem gecancelten Guatemala-Permit in die Hand gedrückt habe, macht er sich an die Arbeit und ich warte. Mit den von Hand ausgefüllten Papieren geht es zu den Mopeds,  um die VIN zu checken und danach muss ich mit dem ganzen Papierwust zum Kollegen am PC. Der tippt mit ständigem Blick auf die Sanduhr nach und nach die Daten der beiden Mopeds ein. Nach 1 ½ Stunden scheint alles fertig zu sein, doch bei Jens Papieren gibt es irgendein Problem und so geht das Ganze von vorne los. Nach mehr als 2 Stunden tauche ich dann auch endlich mal wieder bei den Mopeds auf. Spannend ist immer, welche Geschichten man sich über die völlig unterschiedlich verbrachte Zeit erzählen kann. Während ich vom Prozedere berichte, bekomme ich bei Jens Geschichten große Augen. Ein Verkäufer nach dem nächsten hat ihn besucht. Von der Hängematte, über Taschenlampen, Messer, lebende Krebse, ein iPhone4 bis hin zur Knarre hat man ihm alles angeboten. Einfach irre – willkommen in El Salvador!

traumhafte Aussicht auf den Pazifik
traumhafte Aussicht auf den Pazifik

Dann machen wir uns endlich auf den Weg. Der Magen knurrt und der Schweiß läuft in Strömen. Zeit für etwas Fahrtwind. Nachdem wir die ersten 30 km im ständigen Slalom um die vielen Schlaglöcher gar nichts von unserer Umgebung mitbekommen, entspannt sich die Lage auf der CA2. Der Asphalt ist besser als erwartet und die kurvige Straße schlängelt sich mit tollen Ausblicken an der Pazifikküste entlang. Da kommt uns das kleine einfache und einsam gelegene Restaurant mit Blick auf das Meer gerade recht. Nach einem leckeren günstigen Mittagessen nehmen wir die letzten 30 km für heute in Angriff.         

endlich mal wieder ein leckeres Bier
endlich mal wieder ein leckeres Bier

Ein paar Kilometer vor La Libertad finden wir in Playa El Tunco ein nettes kleines Hotel mit sicherem Parkplatz für die Motorräder. Wir verzichten auf ein eigenes Bad und gönnen uns dafür lieber die Klimaanlage. Das nicht vorhandene warme Wasser vermissen wir bei diesem Temperaturen gar nicht und machen uns also nach der erfrischenden Dusche auf den Weg Richtung Strand. In einer kleinen Bar gilt es beim Blick auf den Sonnenuntergang wieder mal ein neues landestypisches Bier zu testen. Das „Pilsener“ überrascht uns sogar mit echtem Biergeschmack, der schon fast an die Heimat erinnert. Kein Vergleich zu den Limos der vergangenen Wochen. Prost!

 

entspanntes Frühstück am ersten Morgen
entspanntes Frühstück am ersten Morgen

Die hoteleigene Küche ist ein echter Pluspunkt hier. Es tut gut nicht für jeden Kaffee und jede Mahlzeit in ein Restaurant zu müssen. Nach einem entspannten Frühstück gilt es mal wieder ein paar Emails mit den diversen Verschiffungs-Agenten auszutauschen. Dann sehen wir uns den kleinen Surferort mal bei Tageslicht an. Der Strand besteht aus schwarzem Sand und die Wellen machen diesen Küstenabschnitt zum Mekka für Wellenreiter. Wir schauen dem Treiben eine Weile zu und versuchen die Touristen auszublenden und die ersten Eindrücke des neuen Landes aufzusaugen. 

Sundowner mit Orvar, Sara, Mario und Dan
Sundowner mit Orvar, Sara, Mario und Dan

Eine große Überraschung erwartet uns am nächsten Nachmittag. Mario – ein Local und Freund unserer Freundin Sylvia aus Montana – steht vor unserem Hotel und will uns zu einem Sundowner abholen. Doch er ist nicht allein – er hat Sara und Dan aus Canada sowie Orvar aus Schweden dabei. Gemeinsam geht es mit Marios Pickup zu einem Restaurant am Strand. Schneller als wir A sagen können stehen Bier und Austern auf dem Tisch. Mir persönlich sind diese glibberigen Teile ja etwas zu suspekt, so freut sich Sara neben mir über eine Extraportion. Doch Jens ist wie immer mutig und genießt die Meeresfrüchte aus El Salvador.

toller Sonnenuntergang inklusive
toller Sonnenuntergang inklusive

Fast hätten wir vor lauter Quasselei den tollen Sonnenuntergang verpasst. Sara und Dan haben vor 7 Monaten den gleich Schritt getan wie wir – Haus weg, Mopeds packen und los. Wir tauschen eine Menge Infos zu Südamerika aus und freuen uns schon sie eines Tages in Deutschland begrüßen zu können. Mehr oder minder per Zufall erfahren wir, dass Mario der Touratech-Importeur für El Salvador ist und im letzten Jahr für eine Woche in Niedereschach zu Besuch war. Ja genau – da war er wieder mein Lieblingsspruch: die Welt ist ein Dorf. Mario gibt uns vor der Verabschiedung noch ein paar Tipps für die weitere Route durch El Salvador, Honduras und Nicaragua. Danke an alle für einen tollen Abend.

auf dem Weg nach Alegria
auf dem Weg nach Alegria

Bis wir am nächsten Morgen die Mopeds wieder beladen haben, sind wir schon wieder durchgeschwitzt. Mehr als 30 Grad morgens um 9 Uhr sind etwas, an das wir uns nur schwer gewöhnen können. Da uns Mario von unserem eigentlichen Ziel San Miguel abgeraten hat, da es zu gefährlich sei, steuern wir seinen Tipp Alegria an. Das kleine Bergdorf soll sehr nett sein und liegt nur eine Stunde von der Grenze zu Honduras entfernt. Sobald wir in Usulután von der CA2 abbiegen, wird die Strecke gleich interessanter. Die schmale Straße windet sich auf recht gutem Belag in vielen Kurven die Berge rauf. Wir genießen die Schräglage, winken den Kindern am Straßenrand und sind überwältigt von der Aussicht auf die Landschaft. Doch eine Veranstaltung in dem hübschen kleinen Ort, der von Kaffeeplantagen umgeben ist, macht unsere Pläne zunichte. Alle drei kleinen Hotels sind ausgebucht.

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!
Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!

Da hilft nur weiterfahren. Keine 7 km weiter stehen wir in Berlin. Doch der Ort gefällt uns irgendwie gar nicht. Ein Hotel finden wir auf unseren zwei Runden durch das Chaos aus Markt und Schulschluss nicht und stoppen nur an der Bank, um die seltene Gelegenheit zu nutzen, unsere Bargeldreserven noch einmal mit US-Dollar aufzustocken. Während ich mich anschließend noch um ein Mittagessen kümmere, kommt Jens wieder ins „Gespräch“ mit den Einheimischen. Ich sehe ihn aus der Entfernung bedauernd abwinken – nix verstehn... Da er dann immer deutlich macht ich könne spanisch, werde ich immer freudestrahlend empfangen – auch nett!

 

Erfrischung unterwegs
Erfrischung unterwegs

Immer noch auf der Suche nach einer Unterkunft nähern wir uns San Miguel. Doch auch auf dem Weg gibt es bis auf einige sehr heruntergekommene „Auto-Motels“ keine Unterkünfte. Daher stoppen wir erst mal an einer Tankstelle und verwundern die Tankwarte wieder mit der Tatsache, dass unser Tankdeckel sich nicht unter dem Tankrucksack versteckt – jedenfalls nicht der Originale. Wir selbst gönnen uns ein Eis aus der angeschlossenen „Tienda“ und beobachten ein wenig das Geschehen. Zu guter letzt finden wir zum Glück noch ein Hotel vor den Toren San Miguels mit bewachtem Parkplatz und sogar einer Klimaanlage – was will man mehr?

Willkommen in Honduras
Willkommen in Honduras

Innerhalb einer Stunde kommt die Grenze zu Honduras in Sichtweite. Bereits Kilometer zuvor versuchen Schlepper uns an der Straße zu stoppen, um ihre Dienste für diesen sehr sehr sehr komplizierten Grenzübertritt anzubieten. Aufgrund eines massiven LKW-Staus an der Ausreise von El Salvador werden wir im Stop-and-Go regelrecht belagert. Gebetsmühlenartig rattere ich den Satz „ich brauche keine Hilfe, lass mich bitte in Ruhe bla bla bla runter“ – gefühlte 100 Mal. Jedoch sind viele überrascht von dem bestimmten Auftreten und es wirkt – bis der nächste kommt. Die Ausreise ist dann schnell erledigt und schon stehen wir in Honduras. 

Nepper, Schlepper, Bauernfänger...
Nepper, Schlepper, Bauernfänger...

Neues Land – noch mehr Schlepper. Für $6 haben wir beide schnell einen Stempel im Pass und auch der Motorradimport geht schneller als gedacht. Ich habe meine eigene Checkliste dabei und alle Kopien – soweit möglich – im Voraus gemacht. Doch von den angeblichen Unterlagen wie neuem Einreisestempel, Touristenkarte und Quittungen will die Zollbeamtin gar nichts haben. Ein El Salvadorianer, der nach dem Zahlen der Gebühren bei der Bank seine Unterlagen abholen will, schiebt einen 20-Dollar Schein über den Tisch, der in der Schublade verschwindet – aha. Ich bekomme alle Rechnungen und zahle die mit $40 pro Moped ziemlich üppigen Gebühren bei der Bank ein. Nur sonntags kann man hier alles direkt bei den Beamten zahlen. Von den Quittungen und dem Permit dann noch schnell Kopien gemacht und auf geht’s durch Honduras. Ach übrigens – dieser ach so komplizierte Grenzübertritt hat uns vom ersten Stoppen im Stau bis zur Ausfahrt an der Grenze entspannte 1:50 gekostet – yippieh!

 

das Moped ist auch in Honduras DAS Verkehrsmittel
das Moped ist auch in Honduras DAS Verkehrsmittel

Neben dem Grenzübertritt an sich sind auch die Kontrollen der angeblich korrupten Polizisten legendär. Doch Mario hat uns bereits Entwarnung gegeben – es hätte sich viel zum positiven geändert. Es dauert fast 50 km, bis wir am ersten Checkpoint stehen und anhalten müssen. Innerhalb von Sekunden gilt es nun zu entscheiden: Freund oder Feind – spreche ich spanisch oder nicht? Doch meine Menschenkenntnis lässt mich nicht im Stich und nach einer kurzen sehr netten Plauderei fahren wir weiter ohne auch nur unsere Dokumente gezückt zu haben. Wir haben an der Grenze darauf verzichtet ein paar Dollar in Lempira zu wechseln. Auf halber Strecke stoppen wir in Choluteca an einer Tankstelle. Dort können wir auch mit Dollar zahlen und somit genießen wir einen Mittagssnack und kalte Getränke im Schatten. Doch vor lauter „Gracias“ kommen wir gar nicht zum Essen, denn jeder Vorbeikommende wünscht uns freudestrahlend einen guten Appetit.

Huch - wo ist die Straße hin?
Huch - wo ist die Straße hin?

Es gilt einen weiteren Tipp von Mario zu beherzigen: wir nehmen den nördlichen Grenzübergang Richtung Somoto. Die Straße soll hier in besserem Zustand sein. Außerdem geht es wieder rauf in die Berge, was sowohl den Fahrspaß erhöht als auch die Temperaturen sinken lässt. Kurven satt und auch hier überraschend guter Asphalt bringen uns in Windeseile zum zweiten Grenzübertritt des Tages. Viel Rumschauen ist trotzdem nicht drin, denn es gibt zwar weniger Schlaglöcher, die sind dafür aber umso größer und tiefer. Aber wenigstens kann man sie schon aus der Ferne orten und auch wenn mal ein Stück Straße fehlt, was solls?

Nach nur 3 Stunden: auf Wiedersehen Honduras
Nach nur 3 Stunden: auf Wiedersehen Honduras

An dieser Grenze geht es weitaus beschaulicher zu als noch heute morgen. Doch auch hier sind wir gleich von ein paar Schleppern und Geldwechslern umringt, die uns ihre Dienste anbieten wollen. Doch Ausreisen ist immer ein ziemlich einfacher Akt – Pass abstempeln lassen, Permits für die Mopeds zurückgeben. Etwas ärgerlich für Honduras sind nur die riesigen Stempel, mit denen die Mopeds zusätzlich zum Permit im Pass ein- und auch wieder ausgetragen werden. So haben wir innerhalb von 3 Stunden mal eben zwei Seiten weniger Platz in den Pässen. In Sichtweite steht schon das Schild „Bienvenidos a Nicaragua“ – unser drittes Land an einem Tag und auch das drittletzte Land für uns in Mittelamerika...

Kommentare: 2 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Gunther u. Silvia (Sonntag, 17 Februar 2013 17:50)

    Hallo Ihr Zwei,

    Super, daß wir Dank eures Spitzenberichts wieder mit Euch in der Welt unterwegs sein zu können und vorallen schön das Jens wieder fit ist.
    Weiterhin viel Spass und gute Fahrt!

    Viele Grüße aus dem viel zu kalten München
    Gunther und Silvia

  • #2

    die Duese's (Sonntag, 17 Februar 2013 18:48)


    Hai Ihr Zwai,
    schön das es gesundheitlich wieder gut geht.
    Das ist mal wieder ein spannender Bericht. Waffen den Touris anbieten - wie krass ist dass denn!
    Weiterhin gute Fahrt und viel Glück.

    LG aus FDS
    Anni + Andreas