ARGENTINIEN – Die Routa 40 Richtung Süden

Bermejo oder auch Uspallata Pass zwischen Santiago und Mendoza
Bermejo oder auch Uspallata Pass zwischen Santiago und Mendoza

Jens: Wir haben uns auf den Weg Richtung Süden gemacht. Zunächst ging es aber über die Anden nach Argentinien. Von Mendoza fuhren wir entlang der legendären  Routa 40, hinein in eine völlig neue Kultur. Vieles ist ungewohnt oder auch lästig aber wir entdecken auch traumhafte Landschaften. Wir lernen wie sich in diesem Land unser Reisestil ändern wird und versuchen und langsam aber sicher dem Land anzupassen.

Anden zwischen Chile und Argentinien
Anden zwischen Chile und Argentinien

Bevor wir jedoch die Anden überqueren konnten, mussten wir zunächst Valparaiso und Vina del Mar hinter uns lassen. Wir kämpften auf den ersten Kilometern noch gewaltig mit dem Verkehr. Einerseits hieß es für uns nach elf Monaten wieder Rechtsverkehr und zudem ist der südamerikanische Fahrstil nicht wirklich mit dem australischen oder neuseeländischen vergleichbar.

 

Was ein Kurvengewusel...
Was ein Kurvengewusel...
Die LKW's quälen sich arg den Pass hinauf
Die LKW's quälen sich arg den Pass hinauf

Aber wir haben es geschafft und nach rund 100 Kilometer fanden wir uns in einer beeindruckenden Bergwelt wieder. Serpentinen führten uns auf ca. 3.200 m Höhe. Die Luft ist dort schon etwas dünner, aber stellt noch keinerlei Problem dar. Lediglich die LKW’s bremsen uns auf der steilen Auffahrt etwas aus. Die Temperaturen sanken von 25°C  auf 5°C, auch der Wind nahm heftig zu und starke Böen haben die Kurvenfahrt nochmals deutlich interessanter gestaltet. Diese Bergwelt ist aber mit nichts zu vergleichen, was wir in den letzten Monaten in Australien oder Neuseeland gesehen haben…

 

Andental zwischen Chile und Argentinien
Andental zwischen Chile und Argentinien

Oben am Pass angekommen erreichen wir schon nach wenigen Kilometern die Grenze nach Argentinien. Der Grenzübergang ist kein großes Problem  – selbst mit unserem sehr spartanischen Spanisch. Es dauert aber dennoch rund eine Stunde, denn nicht nur wir müssen einreisen, auch die Motorräder brauchen Ihre Dokumente und müssen in Argentinien eingeführt werden. Wir erinnern uns an die Grenzübertritte in Europa und wie schnell und einfach es dort über die Bühne geht. Davon werden wir die nächsten Monate nur träumen können…

 

Puento del Inka
Puento del Inka

Kurz hinter der Grenze erreichen wir auch schon Puento del Inka mit der gleichnamigen natürlichen Brücke. Eine heiße, schwefelhaltige Quelle färbte das Gestein dort rotgelb. Das Thermalbad wurde durch einen Erdrutsch zerstört und ist auch heute noch wegen Einsturzgefahr gesperrt. So bleibt uns nur der Blick von „oben“. Auffällig fanden wir die hunderten von Touristen, die hier mit Bussen her gekarrt werden. Von einer einsamen Anden Bergwelt sind wir hier noch gaaaaaaanz weit entfernt.

 

Abwärts nach Argentinien
Abwärts nach Argentinien

Die Fahrt hinunter nach Mendoza ist bei weitem nicht so steil wie die Auffahrt von der chilenischen Seite. Durch ein breites Tal geht es kilometerweit bergab. Uns freut der Durschnittsverbrauch unserer Motorräder auf dieser Strecke – unter 3 Liter gönnen sie sich hier, trotz unzähligen Überholmanövern. Auf der Fahrt passieren wir ein paar recht erschreckende LKW-Unfälle. Ausgebrannte und umgekippte LKW’s  blockieren immer wieder die halbe Fahrbahn. Wenn wundert es, denn bergab lassen es die Jungs hier schon mal richtig laufen…

 

Mendoza, Plaza Independencia
Mendoza, Plaza Independencia

In Mendoza angekommen gestaltet sich die Quartiersuche etwas schwierig. Die drei annavigierten Campingplätze haben geschlossen – selbst rütteln und rufen am Tor hilft nicht. Also packen wir den Reiseführer aus und suchen nach Hostels. Die Schwierigkeit ist hier einen sicheren Parkplatz für die Motorräder zu finden. Wir  haben schon gehört, dass man die Motorräder oft im Foyer des Hostels parken kann – hier in Mendoza scheint das aber nicht üblich zu sein. Aber nach drei Stunden Suche haben wir zu Einbruch der Dunkelheit dann auch eine Bleibe gefunden. Anstrengend ist dabei der Straßenverkehr -  durch jede Lücke drängelt sich ein Auto oder auch mal ein LKW, die Straße ist mal sehr gut, dann aber auch wieder mit riesigen Schlaglöchern überzogen. Die wichtigste technische Einrichtung an Fahrzeugen scheint hier die Hupe zu sein – die funktioniert auch immer und es wird reichlich Gebrauch davon gemacht.

 

Mendoza, Placa Independencia
Mendoza, Placa Independencia

Wir nutzen die zwei Tage in Mendoza für ein paar Erledigungen wie z.B. eine Sim Karte zu besorgen. Aber auch Sightseeing kommt nicht zu kurz und so sind wir einige Kilometer zu Fuß in der Stadt unterwegs. Dabei nehmen wir das bunte Treiben und einige, auf uns fremd wirkende, Gegebenheiten auf. Es ist interessant und manchmal auch erschreckend wie die Dinge hier laufen.
Um z.B. den Laden des Mobilfunkanbieters zu betreten müssen wir an die Tür klopfen, dann wird geöffnet und wir dürfen rein. Buchläden, Apotheken & Co. haben entweder einen Wachmann im Laden oder schließen auch gerne mal ab und lassen die Kunden dann einzeln herein. Im Elektronikmarkt stehen zwei bewaffnete Wachleute mit schusssicherer Weste an der Kasse und Warenausgabe.

 

Wein ist ein "Muss" in Mendoza
Wein ist ein "Muss" in Mendoza

Die Abende verbringen wir bei Asado und/oder Wein. Während wir so das bunte Treiben auf der Straße beobachten, jault in irgendeiner Nebenstraße wieder eine Alarmanlage eines Autos los – wahrscheinlich wieder völlig grundlos, aber es dauert bis der Besitzer den Alarm abschaltet. Ein paar fliegende Händler bieten uns alles an von Blumen über Socken bis hin zur Frage nach einer edlen Spende für deren persönliche Lebenshaltung. Der Straßenverkehr dröhnt und jugendliche Gruppen ziehen singend durch die Straßen. Südamerikanische Städte können doch schon sehr laut sein aber auch ungemein interessant!

 

Routa 40, am Fuße der Anden
Routa 40, am Fuße der Anden

Dann begann unsere Reise durch Argentinien – natürlich auf der legendären Routa 40. Zunächst scheint die Strecke recht langweilig, wäre da nicht das Anden-Panorama. Es begleitet uns auf der gesamten Fahrt. Erst als wir uns etwas mehr links Richtung San Rafael  halten, verschwimmen die Konturen der Berge. San Rafael umfahren wir auf Schottersträßchen – mitten durch ein Wohngebiet. So werden wir zur Attraktion der Einwohner. Unser Ziel ist der Atuel Canyon im Valle Grande …

 

Camp im Valle Grande
Camp im Valle Grande

Im Valle Grande genießen die letzten Sonnenstrahlen im Tal bei ein paar Nudeln mit Soße. Nach Einbruch der Nacht werden wir durch ein Brummen und schweres Atmen aufgeweckt. Bewaffnet mit einer Taschenlampe geht es im Dunkeln raus auf Erkundungstour. Einer der zahllosen Straßen-Hunde hat sich neben unserem Zelt nieder gelassen. Er sieht, wie die meisten Hunde hier, wirklich wie ein „armer Hund“ aus und ich lasse ihn neben unserem Zelt liegen. Bis zum nächsten Morgen bleibt er dort liegen – wir nennen ihn „José“ und frühstücken mit ihm gemeinsam.

 

Im Valle Grande
Im Valle Grande

Der Fluss windet sich noch einige Kilometer im Tal entlang, bis zu der Staumauer. Weiter hinten im Tal wird die Strecke zu einer kleinen Gravelroad. Sie windet sich am Berg entlang, vorbei am Stausee. Das Farbenspiel ist hier fantastisch, aber es ist schon verdammt heiß. Bei gut 30°C ist es recht anstrengend und verdammt staubig auf der Piste. Unser Tagesziel ist Malargüe – noch einige Kilometer weiter auf der Routa 40. Wie müssen es also etwas laufen lassen…

 

Schatten Spender BMW
Schatten Spender BMW

Wieder zurück auf Asphalt zieht sich die Fahrt durch die Landschaft doch noch ganz schön in die Länge. Bei inzwischen über 30°C und nicht dem Hauch von Schatten muss zur Mittagspause unser Moped auch noch als Schattenspender dienen. Schon ein recht vielfältiges Gerät so eine BMW…
In Malargüe angekommen beziehen wir den kommunalen Campingplatz. Unser Zelt schlagen wir neben Willi und Gabi aus Paderborn auf. Die beiden bereisen Südamerika mit Ihrem Landcruiser. Kaum steht unser Zelt, gesellen sich noch Norbert und Ute aus Lörrach mit zwei F 650 GS dazu. Es gibt viel zu erzählen, insbesondere Willi und Gabi haben viele gute Tipps und Informationen, da sie schon seit vielen Jahren in Südamerika reisen.

 

Am Abend fahre ich noch kurz zum Supermarkt ein paar Einkäufe erledigen – allein wie wir es bislang immer getan haben, zukünftig aber nicht mehr tun werden. Als ich voll beladen aus dem Supermarkt zu meinem Motorrad komme sitzt ein junger Argentinier auf meinem Motorrad und spielt Rallye Dakar. Seine 3 Kumpels finden das ziemlich cool. Ich kann der Situation nicht wirklich etwas abgewinnen und bitte ihn doch abzusteigen – was mir nach einem Weilchen auch gelingt. Er lehnt dennoch ganz cool an meinem Moped und fingert an Koffern & Co. rum. Dann interessiert ihn auch meine Jacke und er zupft an mir rum und fragt nach meiner Unterkunft und ob ich alleine unterwegs sei…
Seltsame Gepflogenheiten hier in Südamerika – mich beschleicht der Verdacht, dass wir hier mit einem uralten kleinen Motorrad besser unterwegs wären…

 

"Waschtag" nach alter Sitte
"Waschtag" nach alter Sitte

Wir bleiben noch einen Tag länger in Malargüe und legen einen Waschtag ein. Der Luxus von Waschmaschine & Co. auf den Campingplätzen ist seit Neuseeland vorbei. Wäschereien gibt es, aber davon wurde uns schon abgeraten – zu viel verschwindet oder kommt defekt zurück. Also entdecken wir die gute alte Tradition der Handwäsche wieder.
Am Abend kommen dann noch zwei Schweizer mit Ihren BMW-Motorrädern auf den Platz, Sie kommen aus Peru und wollen wie wir in den Süden – auch hier gibt es wieder jede Menge zu quatschen. Soviele deutschsprachige Reisende, insbesondere Motorradfahrer hatten wir in den letzten 11 Monaten in Ozeanien nicht getroffen – ist hier ja fast wie im Schwarzwald…

 

Routa 40 und deren "Anwohner"
Routa 40 und deren "Anwohner"

Wir machen uns dann weiter auf den Weg nach Süden. Die Routa 40 hat nun einige unasphaltierte Kilometer zu bieten. Teils übelste Wellblechpiste, teils hervorragende Schotterpiste bis hin zu kleinen sandigen Passagen. Es lässt sich aber recht gut fahren und die Landschaft wird spektakulär. Es ist jedoch Vorsicht geboten, da öfter mal Ziegen Herden die Straße kreuzen und auch die Sandpassagen sind teils nur schlecht zu erkennen. Aber bei der Aussicht fällt es auch nicht schwer einen Gang runter zu schalten.

Der Rio Grande
Der Rio Grande
Der Rio Grande
Der Rio Grande

Die Piste führt entlang dem Rio Grande, der sich seinen Weg mal tief in einer Schlucht, dann wieder in einem weiten Tal sucht. Wir sehen auf der Strecke viele dieser kleinen Altare – sie werden für tödlich verunglückte Fahrer aufgestellt.
Der Fahrstil der Argentinier auf diesen Pisten ist auch eher als flott zu bezeichnen. Mit Ihren Pickups donnern sie mit über 100 Sachen an uns vorbei. Aus Australien kannten wir auf solchen Pisten eine gewisse Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer – hier reicht ein Abstand von einem Meter aus, auch eingeschert wird direkt vor einem. Staub und Steine muss man hier auf dem Moped schon abkönnen…

 

Die "schönste" Routa 40
Die "schönste" Routa 40

Die Suche nach einer Unterkunft gestaltet sich dann wieder schwieriger. In dieser platten Landschaft können wir unser rotes Zelt nicht unbemerkt platzieren, es findet sich nur ein Campingplatz und der ist wiedermal völlig überteuert. Es macht uns den Eindruck als würden Touristen hier mehr zur Kasse gebeten… 
In Chos Malal werden wir dann wieder auf einem Municipal Platz fündig. Der Preis ist OK, aber über das, was dafür geboten wird reden wir lieber nicht… Dank der lautstarken Party einiger Argentinier bis in die frühen Morgenstunden ist an Schlafen nicht wirklich zu denken. Willi hatte uns von Campingplätzen an Wochenenden abgeraten – aber wir mussten es ja unbedingt mal ausprobieren.
Auch spannend ist dann das Frühstück am nächsten Morgen. Zwei Polizisten schlendern über den Campingplatz und kommen auf uns zu. Es steht eine Ausweiskontrolle an, dann die Frage woher, wohin und was unser Beruf sei…? Wir nennen unsere alten Jobs, denn wir möchten jetzt nicht erklären dass wir arbeitslos sind und um die Welt fahren.  Unsere Antworten werden fein säuberlich in ein Formular notiert.
Keine 10 Kilometer hinter Chos Malal rauschen wir in eine Verkehrskontrolle – wieder den Ausweis raus und dieselben Fragen beantworten. Wieder wird alles fein säuberlich notiert.
Unseren Ausweis müssen wir auch bei jedem Campingplatz zücken, oder bei einer Kreditkartenzahlung - wenn das so weiter geht hat Argentinien bald ein astreines Bewegungsprofil  von uns …

 

Entlang der Routa 40
Entlang der Routa 40

Für uns geht es jetzt weiter Richtung Süden, wir planen noch ein Treffen mit Panny und Simon den www.krad-vagabunden.de die sich gerade auf dem Rückweg von Ushuaia befinden. Und auch Heidi und Bernd werden die Villa bald verlassen und uns hoffentlich auf ihrer www.welt-tour.com hier nochmal über den Weg fahren. Da stehen uns noch ein paar feucht fröhliche Abende bevor…

 

Kommentare: 8 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Annemie u. Werner Schneider (Sonntag, 27 November 2011)

    Hallo ihr Beiden,
    es ist einfach toll, über eure Reise, recht viel zu erfahren.
    Wir sind eifrige Leser und schauen uns die tollen Bilder an. Vielen Dank und alles Gute für Eure Weiterfahrt !!

    Annemie + Werner Schneider aus Siegburg

  • #2

    Hubert (HvG) (Sonntag, 27 November 2011 11:47)

    Hallo Ihr Beiden...

    wenn man das so liest, dann beginnt jetzt richtig euer Abenteuer.....jo die Südamerikaner....es können liebe nette Leute sein, aber man muss sich auch an einige Methoden erst daran gewöhnen....
    freue mich noch auf viele Berichte von euch...machts gut und bleibt Gesund.

  • #3

    orca (Sonntag, 27 November 2011 11:56)

    Das sind ja echt krasse Unterschiede zu down under...
    Ich freue mich, jetzt auch von Ländern zu erfahren, in denen ich noch nicht selbst per Motorrad unterwegs war.

    viele Grüße
    Cora

  • #4

    mein-fernweh (Sonntag, 27 November 2011 13:19)

    Hi Ihr 2 !!! Sehr sehr geiler Bericht!!! Passt auf Euch auf, die Zeiten von Sicherheit und wenig Kriminalitaet sind offenbar vorbei! Gruss Marko & Maria

  • #5

    duesberg (Montag, 28 November 2011 21:05)

    seufz......
    und noch mal seufz....
    ich möchte auch mal wieder nach Südamerika.
    Neue PLANUNG :-)
    2013/2014
    oder seid Ihr dann schon wieder so nah, dass wir Euch am vereinbarten Punkt abholen können/dürfen?????
    LG aus FDS
    Anni + Andreas

  • #6

    Oli (Dienstag, 29 November 2011 18:44)

    Hallo Ihr 2!
    ich sage nur beeindruckend!
    Grüße aus Bonn
    Oli

  • #7

    Siggi und Jan (elch) (Mittwoch, 30 November 2011 23:00)

    Hallo Ihr Beiden.

    Wenn man Euren spannenden Bericht so ließt, können wir es ja kaum abwarten. Für uns geht es in 9 Tagen (;-) los. Flug nach Santiago, weiter nach Osorno dort ab 15. mit dem Leihmopped Kurs Nord bis SP-Atacama. Dann über Argentinien zurück nach Osorno (11.Januar). Dazwischen - mal schauen was passt. Vielleicht trifft man sich. Kontakt über Gs-forum/elch
    Liebe Grüße, (fast) aus dem Schwarzwald

    die elche

  • #8

    Pasqual (Donnerstag, 30 August 2012 13:54)

    Hallo Ihr zwei.
    Ich bin vor ein paar Tagen über die Touratech-HP auf Euren Blog aufmerksam geworden und lese nun fleißig alles was ihr so niedergeschrieben habt. Natürlich in der richtigen Reihenfolge :-)
    Und ich war ech platt zu lesen, das ihr jemanden aus Lörrach getroffen habt. Lörrach liegt nur ein paar Minuten von meinem Heimatort entfernt.
    Ich bin schon sehr gespannt auf die weiteren Berichte die noch vor mir liegen.

    Ich wünsche euch noch viel Spaß und viel Glück auf eurer großen Tour.

    Grüße aus dem Schwarzwald.
    Pasqual